Friedhofskultur Baden

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Neue Wege in der Friedhofsgestaltung sind gefragt

Pforzheim 4Noch in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war die Beerdigung im Sarg die unangefochtene Bestattungsart. Verändertes Traditionsbewusstsein und die Tendenz, weniger Zeit und Geld investieren zu wollen oder zu können, haben in den letzten Jahren zu ganz neuen Formen in der Bestattungskultur geführt. Geht es nach dem Willen einiger Politiker soll in Bremen nun der Friedhofszwang für die Totenasche gelockert werden. Die Folgen könnten sowohl für die Institutionen und Organisationen des Friedhofswesens als auch für die Hinterbliebenen weitreichend sein. Neue Ideen und Konzepte in der künftigen Friedhofsgestaltung sind gefragt.

Die meisten Bundesländer haben in den vergangenen Jahren ihr Bestattungsgesetz reformiert und berücksichtigen alternative Bestattungsformen abseits des Friedhofs und abseits des namentlichen Grabes wie beispielsweise Waldbestattungen. Nur noch in wenigen Bundesländern gilt in Teilen das Feuerbestattungsgesetz von 1934, das den Friedhofszwang für Totenasche gesetzlich begründete. Dennoch: Mit Ausnahme der Beisetzung auf hoher See besteht in allen Bundesländern weiterhin der Friedhofszwang für Urnen.

Das soll nun in Bremen auf Initiative der SPD und des Bündnis 90/Die Grünen aufgebrochen werden. Der Zwang bevormunde und sei nicht mehr zeitgemäß, so die Begründung der Grünen. Sie wollen die bestehende Regelung komplett abschaffen. Ganz so weit will die SPD nicht gehen: In ihrem Vorschlag fordert die Partei, Urnen künftig für einen begrenzten Zeitraum privat aufbewahren zu dürfen, ehe sie in einer reservierten und bezahlten Grabstelle beigesetzt werden.

Fällt der Friedhofszwang für Urnen weg, sind die möglichen Auswirkungen heute schon abzusehen: Rückläufige Bestattungszahlen und wachsende Überhangflächen würden den ohnehin schon großen Kostendruck auf die kommunalen Friedhofsträger künftig deutlich erhöhen. Zugleich würde die Abschaffung des Friedhofszwanges den Wegfall vieler Arbeitsplätze im Friedhofswesen bedeuten. Und schließlich bleibt die Frage offen: Was geschieht, wenn die Hinterbliebenen die Urne nicht mehr in der Wohnung aufbewahren möchten oder selbst sterben – landet die Asche dann möglicherweise auf dem Müll?

Der Verein zur Pflege der Friedhofs- und Bestattungskultur in Baden sieht in der aktuellen Diskussion um die Liberalisierung im Umgang mit der Totenasche eine Chance für neue Konzepte in der traditionellen Friedhofsgestaltung. „Die kulturelle, gesellschaftliche und ökologische Bedeutung unserer Friedhöfe muss in Zukunft noch stärker hervorgehoben werden", betont Vereinssprecher Thomas Heiland. Neben einer breiten Öffentlichkeitsarbeit empfiehlt der Verein den kommunalen Friedhofsträgern, mit privaten Dienstleistungsunternehmen wie beispielsweise Friedhofsgärtnereien zu kooperieren und vielfältige Bestattungsangebote für den Friedhof zu entwickeln. „Die Friedhöfe müssen sich den gesellschaftlichen Veränderungen anpassen", so Heiland.

Wie Kommunen attraktive Angebote für ihre Bürger mit einer effizienten Flächennutzung verbinden können, zeigt der Blick in die badische Region. Hier wurden im Rahmen von Public-Private-Partnerships zwischen kommunalen Friedhofsträgern, privaten Friedhofsgärtnereien und der Genossenschaft Badischer Friedhofsgärtner eG in den vergangenen Jahren auf mehr als 200 Friedhöfen parkähnlich gestaltete und von Gärtnern gepflegte Grabfelder errichtet. „Diese Anlagen haben sich vor allem auch auf kleineren Friedhöfen als Alternative zu Urnenwänden oder Rasengräbern durchgesetzt", erklärt der stellvertretende Geschäftsführer der Genossenschaft Badischer Friedhofsgärtner, Thorsten Baege. Und das mit Erfolg: Dort, wo es schon seit einigen Jahren gärtnergepflegte Grabfelder gibt, ist die Zahl der anonymen Bestattungen seitdem gesunken.

Für den Verein zur Pflege der Friedhofs- und Bestattungskultur in Baden ist das ein Zeichen dafür, dass ein Netzwerk aus Friedhofsverwaltungen und Privatunternehmen zu einer Win-Win-Situation für die Bürger und die Kommunen führen kann. „Wir müssen gemeinsam neue Bestattungsangebote schaffen und dabei die Funktion des Friedhofs als Bestattungsort für die Verstorbenen mit der Attraktivität einer Grün- und Parkfläche verbinden", sagt Thomas Heiland.

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